Trockenmauern – Kostenausgleich für den Erhaltungsaufwand?

Der Plan, den der Baden-Württembergische Landwirtschaftsminister Alexander Bonde  jüngst vorgestellt hat, hört sich genial und einfach an. Mit seinem Ökokonto-Projekt sollen auch Privatleute ökologische Ausgleichsmaßnahmen treffen können.
Dieses System lässt sich leicht auf die Weinbergmauern in Esslingen übertragen. Dort könnte man ein ewiges Streitthema beenden: Wer zahlt die Sandsteinmauern, die in teurer Handarbeit immer neu aufgerichtet werden müssen?

Trockenmauer Esslingen Eßlinger Zeitung

Würde ein Winzer seine eingefallene Trockenmauer selbst reparieren, könnte er sich für diese Arbeit Ökopunkte gutschreiben lassen. Im Schnitt würde er etwa für 20 investierte Cent einen Ökopunkt erhalten. Diese Ökopunkte werden von der Flächenagentur Baden-Württemberg gesammelt, bewertet und im Internet veröffentlicht.

Die Flächenagentur sitzt seit April des vergangenen Jahres in Ostfildern. Eine Sprecherin berichtet, dass mittlerweile 4,6 Millionen Öko-Punkte gesammelt worden seien. Wenn nun beispielsweise eine Steinbruch-Firma oder ein Straßenbauer in die Landschaft eingreife, müsse er letztlich für Ausgleichsmaßnahmen sorgen. Er könne sich stattdessen aber auch einfach Ökopunkte kaufen. Das Geld bekomme dann der Weingärtner, der damit eine angemessene Entlohnung für seinen Knochenjob erhalten würde. Im Gegenzug wäre der Straßenbauer davon befreit, sich eine Ausgleichsmaßnahme auszudenken.

Trockenmauern sind mehr oder weniger Biotope. In den Ritzen und Fugen gedeihen nicht nur der Mauerpfeffer und die Fetthenne, auch einige Arten von Eidechsen, Spinnen und seltenen Krabbeltieren fühlen sich dort wohl.

Einen Haken gibt es jedoch an der Geschichte: Die Esslinger Weingärtner haben von dem Ökopunkte-Projekt offiziell noch nie etwas gehört. Dafür kann man sie allerdings kaum kritisieren, den landesweit hat es bisher nur ein einziges Projekt dieser Art gegeben, in dem Weinbauort Roßwag im Enz-Kreis. Ausdrücklich hat das Ministerium die Reparatur der Mauern dort als Pilot-Projekt gekennzeichnet. Albrecht Sohn, der Vorsitzende der Esslinger Weingärtnergenossenschaft, hält die Idee jedoch für sehr gut. „Es ist ein verlockendes Angebot“, sagt er, „ein zartes Pflänzchen, das wir pflegen sollten.“

Die Esslinger Stadtverwaltung kennt das Projekt schon. Bislang war man im Rathaus aber davon ausgegangen, dass nur solche Maßnahmen Ökopunkte erhalten könnten, in denen die Landschaft aufgewertet werde. „Bei der bloßen Erhaltung einer Mauer wird jedoch nichts aufgewertet“, kommentiert der Leiter des Esslinger Grünflächenamtes, Burkhard Nolte. „Wir haben viele Projekte beim Ökokonto mit dabei, aber keine Trockenmauern.“ Dem widerspricht die Flächenagentur nun ausdrücklich: Die Restaurierung einer Mauer könne eine Verbesserung bewirken. Natürlich müsse das durch einen Gutachter zuvor untersucht und bestätigt werden.

Das Ministerium hat es also offenbar versäumt, seinen Kurswechsel bei den Beteiligten zu kommunizieren. Das könnte sich in Zukunft ändern. Ein Mitarbeiter der Flächenagentur in Ostfildern sagte spontan zu, in einem Referat die Esslinger Weingärtner darüber zu informieren.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten/Eßlinger Zeitung